Interlehrer – Lehrer zwischen den Stühlen
Kaum eine Erfindung hat unser Leben so verändert wie das Internet und beeinflusst gleichzeitig die Verhaltensweisen unseres Alltags tiefer. Genau wie sich unsere Einkaufsgewohnheiten auf das Web verlagert haben, muss der Lehrer heute nicht nur kompetent auf sozialer und fachlicher Ebene sein, sondern steht im Wettbewerb mit einer Vielzahl von kostenlosen Bildungsangeboten im Netz. Genau wie der Einzelhändler durch seine kompetente Beratung und seinen überlegenen Service seine Konkurrenz im Internet überbieten muss, gilt es für den Lehrer besser zu sein als Bildungsangebote aus dem World Wide Web, oder muss diese geschickt in seinen Unterricht integrieren, damit sich die Frage: „Warum soll ich da überhaupt hingehen, kann ich zu Hause auf YouTube viel besser lernen?“ gar nicht erst stellt.
Die Aufmerksamkeit auf die Folter gespannt
Das große Problem des heutigen Lehrens ist, dass klassischer Frontalunterricht als Konzept eigentlich ausgedient hat. Leider ist dieser aber immer noch traditionell in unserem Bildungssystem fest verankert und wird wohl noch ein Weile als solcher praktiziert werden.
Lernende von heute, egal welchen Alters, sind daran gewöhnt viel Zeit vor Unterhaltungsmedien zu verbringen bei denen sie immer die Kontrolle haben, d.h. dass beim Verlust des Interesses der Kanal gewechselt, oder ein neues Spiel in die Konsole eingelegt wird. Moderne Menschen sind außerdem einer ständig steigenden Stimulusüberflutung ausgesetzt, die in der Folge Aufmerksamkeitspannen mikroskopisch werden lässt. Im Vergleich zum täglichen Reiztrommelfeuer hat der Unterhaltungswert einer klassischen Unterrichtsstunde einen harten Stand, und geht wahrscheinlich Limes x gegen minus Unendlich.
Das Tom Sawyer Prinzip – andere arbeiten lassen
Tom Sawyer wird mit der Aufgabe betraut einen Zaun streichen zu müssen. Gar nicht erfreut über diese Aufgabe und von seinen Freunden verspottet, tut er so, als würde ihm die Arbeitsfron Spaß machen. Daraufhin wollen die Kumpanen plötzlich auch als Maler aktiv werden, und bieten Tom schließlich sogar Geld für die ehemals ungeliebte Tätigkeit.
Je besser es gelingt die Arbeit des Lernens an die Schüler selbst auszulagern, desto mehr fühlen diese sich abgeholt, sind selber aktiv und verlassen die Rolle eines unselbständigen Empfängers.
Je mehr die Lernenden in den Prozess des Lernens aktiv mit einbezogen werden, desto effizienter ist der Lernprozess. Ein guter Lehrer steht nicht im Mittelpunkt des Unterrichts, er fokussiert den Lernenden, und ist umso besser, je weniger er ins Unterrichtsgeschehen eingreift.
Die Antiklimax – den Spannungsbogen spannen
Wer zu früh mit dem Sahnestück der Unterrichtseinheit herausrückt, hat sein Pulver verschossen, und kann nichts mehr nachlegen. Es liegt wohl in der Natur des Menschen immer eine Zugabe zu wollen, deswegen empfiehlt es sich, mit die wirklich spannenden Themen nicht zu früh zu kredenzen, und sein Publikum ein wenig im Ungewissen zu lassen.
Jedoch sollte man stark starten: Es gibt keine zweite Chance für einen ersten Eindruck, sagt eine Binsenweisheit. Das gilt für jede Unterrichtseinheit immer wieder von Neuem. Wer mit einer langweilig modulierenden Stimme das Thema der Stunde vorstellt, hat schon verloren.
Am besten strukturiert man eine Unterrichtseinheit antiklimatisch, d.h.man beginnt mit einem interessanten Aufhänger, streut interessante Themen zwischen weniger spannende und endet im Idealfall mit einem Feuerwerk: denn das Beste kommt nicht umsonst zum Schluss und wird vom Publikum in Erinnerung behalten.
Der Ton macht die Musik
Wer mit einer eintönigen Tonart eine Stunde lang monoton auf sein Publikum einredet, wirkt genauso einschläfernd wie ein Hypnotiseur und hat nach dem zweiten Satz seine Zuhörer verloren.
Außerdem ist es nicht nur wichtig die Tonlage zu wechseln, auch empfiehlt es sich die Sprechgeschwindigkeit zu variieren und die Lautstärke zu ändern. So kann man interessante Passagen eines Themas lautmalerisch unterstreichen und erhöht so den Unterhaltungswert einer Unterrichtseinheit enorm.
Mit allen Sinnen genießen
Alle Menschen sind verschieden, jedoch tut der klassische Frontalunterricht noch immer so, als gäbe es einen Normschüler, der sich in dieses steife Korsett pressen ließe. Wir leben in einer Welt, in der die Konsumgüter-, und Unterhaltungsindustrie Produkte bis auf den Millimeter auf die individuellen Bedürfnisse ihrer Kunden anpasst. In der Schule jedoch, werden immer noch alle über einen Kamm geschoren. Eine traditionelle Unterrichtssituation ist hauptsächlich auf auditiven bzw. visuellen Reiz ausgelegt, haptisch orientierte Teilnehmer kommen meist immer zu kurz. Deswegen lohnt es sich darüber nachzudenken einige haptische Elemente in den Unterricht einzuführen. Man kann zum Beispiel einem Schüler einen Ball zuwerfen, anstatt ihn aufzurufen.
Lehrer 4.0
Wenn du sie nicht besiegen kannst, schließe dich ihnen an. Der Siegeszug interaktiver Medien ist unaufhaltsam, auch im Bildungssektor. Warum also nicht auch auf dieses Pferd setzen und I-Pad und Co. In den Unterricht integrieren. Besonders junge Menschen verbringen einen Großteil ihrer Zeit damit auf ihrem Smartphone zu spielen oder zu kommunizieren. Der klassische Weg des persönlichen Gesprächs von Angesicht zu Angesicht geht verloren. Warum also nicht auch diese Kanäle in den Unterricht integrieren und Lernende mit interaktiven Unterrichtsmethoden arbeiten lassen. So spricht man wieder die gleiche Sprache und der Lehrer wird nicht nur als weißes Rauschen wahrgenommen.
Der allwissende Lehrer
Google hat den Wert des Wissens relativiert. Trotzdem ist es für den Lehrer wichtig kompetent zu sein und vorzuleben, dass für das Bestehen des Alltags vorteilhaft ist, nicht wegen jede Kleinigkeit auf die Allmächtige Suchmaschine angewiesen zu sein.
Jedoch darf der Lehrer ruhig auch einmal etwas nicht wissen, und muss nicht die Nebelkerzen hochtrabender Fachausdrücke zünden, um eine Wissenslücke zu verschleiern. Auch pedantische Rechthaberei macht nicht nur unsympathisch, sondern kostet Glaubwürdigkeit.
Wenn also mal wirklich etwas nicht weiß, dazu stehen und entspannt bleiben. Schließlich ist man kein Lexikon.